Spitalbranche im Fokus der Politik

H+ blickt auf ein gesundheitspolitisch bewegtes Jahr 2021 zurück. Die Spitalbranche wurde von allen Seiten herausgefordert. Von der Politik. Von den Tarifpartnern. Vom eigenen Personal. Ende 2021 kann eine positive Bilanz gezogen werden. Viele politische Einsätze von H+ haben sich gelohnt, doch der Ausgang vieler Geschäfte bleibt offen. Es wird deshalb auch 2022 heissen müssen: weiterkämpfen.

Das Berichtsjahr 2021 stand fest im Zeichen der vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmenpakete zur Dämpfung der Gesundheitskosten. 

Das Parlament hat das Massnahmenpaket 1a am 18. Juni 2021 verabschiedet. Es beinhaltet neue Regelungen des KVG über ambulante Tarifstrukturen und eine neu zu gründende nationale ambulante Tariforganisation. Gemäss neuem Artikel 43 Abs. 5 sollen der Einzelleistungstarif und ambulante Pauschalen «je» auf einer eigenen Tarifstruktur beruhen. Für das kleine, aber entscheidende Wort «je» hatten sich H+ und santésuisse mit intensivem Lobbying eingesetzt. Aufgrund dieser Bestimmung gelten Einzelleistungstarif und ambulante Pauschalen fortan als gleichberechtigte Tarife, wobei Pauschalen in ihrem Anwendungsgebiet sogar Vorrang haben sollen. Das nationale ambulante Tarifbüro soll ab dem 1. Januar 2023 betriebsbereit sein und die beiden Tarifstrukturen nach dem Vorbild der SwissDRG AG pflegen und weiterentwickeln. 

Schliesslich beinhaltet das verabschiedete Massnahmenpaket 1a Bestimmungen über sogenannte Pilotprojekte. Letztere können vom EDI bewilligt werden, wenn sie zur Erprobung von neuen Modellen zur Eindämmung der Kostenentwicklung, zur Stärkung der Qualität oder zur Förderung der Digitalisierung dienen. 

Zum Zeitpunkt der Niederschrift dieses Jahresberichts ist das Massnahmenpaket 1b vom Parlament noch nicht zu Ende beraten worden. Besonders umkämpft ist Art. 47c KVG, welcher die Tarifpartner verpflichten würde, Massnahmen zur Steuerung der Kosten vorzusehen, wie z.B. Tarifkürzungen, degressive Tarife und Rückvergütungen. H+ und ein Teil der Krankenversicherer lehnen dieses Vorhaben entschieden ab, weil eine reine Kostensteuerung der Versorgung nicht als zielführend beurteilt wird. Weitere umstrittene Massnahmen des Paketes 1b sind ein Referenzpreissystem für Generika und ein Beschwerderecht der Versicherer gegen die kantonale Spitalplanung. 

Das 2020 in der Vernehmlassung massiv durchgefallene Projekt der «Kostenziele», das faktisch einem Globalbudget entsprechen würde, wurde vom Bundesrat aus dem Massnahmenpaket 2 herausgenommen, überarbeitet und im November 2021 als indirekter Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative der Mitte (vormals CVP) in die parlamentarische Beratung geschickt. An einer Anhörung der nationalrätlichen Gesundheitskommission SGK-N am 10. Januar 2022 konnten Vertreter von H+ darlegen, warum sie das Projekt der Kostenziele ablehnen. Dieses würde zu einem Systemwechsel im Gesundheitswesen führen, in welchem sich der Wettbewerb nicht mehr um die Erbringung von qualitativ hochstehenden Leistungen zu einem angemessenen Preis, sondern um die Gunst der Politik drehen würde. Die Folge wären erbitterte Verteilkämpfe auf den Ebenen des Bundes und der Kantone. Es sei nicht einzusehen, wie unter diesen Umständen medizinisch indizierte Leistungen gefördert und unnötige verhindert würden, wie dies der Bundesrat beabsichtigt. Die Beratung dieser Vorlage wird zweifellos auch das Jahr 2022 prägen.

EFAS
Anfangs 2021 hat der Ständerat die Beratung von EFAS, der einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen, nach längerem Stillstand wieder aufgenommen. H+ ist der EFAS-Allianz (www.pro-efas.ch) beigetreten und unterstützt dieses wichtige Reformprojekt, welches ein grosses Spar- und Qualitätspotenzial aufweist. Die historisch gewachsenen Unterschiede bei der Tarifierung und Finanzierung des ambulanten und stationären Sektors sind heute nicht mehr zu rechtfertigen. Für eine effiziente Versorgung werden sektorübergreifende Versorgungsmodelle immer wichtiger. Deshalb ist die Durchlässigkeit zwischen den Sektoren durch eine Angleichung der Tarife und eine einheitliche Finanzierung dringend anzustreben. EFAS, in Kombination mit ambulanten Pauschalen, ist die deutlich bessere Alternative zum Globalbudget. 

Wiedergeburt der Versicherungskartelle?
Die Revision des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) wurde etwas überraschend von der WAK-N durch eine Bestimmung ergänzt, welche den Versicherern bei VVG-Tarifverhandlungen mit Spitälern die Bildung von Kartellen erlauben würde. Dieser anachronistisch anmutende Versuch stammt aus Versichererkreisen, welche auf diese Weise der angeblichen Marktdominanz gewisser Spitäler entgegentreten wollen. 

H+ ist klar der Ansicht, dass Missstände im VVG-Bereich durch mehr Transparenz und Wettbewerb, aber sicher nicht durch Absprachen, die überall sonst verpönt sind, behoben werden sollen. Der Bundesrat vertritt die gleiche Meinung. Der Ausgang der Beratung ist zum aktuellen Zeitpunkt noch ungewiss. 

Link zum Artikel Personal- und Bildungspolitik zur Pflegeinitiative

Kontakt

Markus Trutmann
Leiter Geschäftsbereich Politik, Mitglied der Geschäftsleitung